von Sandro Danilo Spadini
«Hannibal the Cannibal» ist wieder da! Nach Michael Manns «Manhunter» (1986) und Jonathan Demmes «Das Schweigen der Lämmer» (1991) sucht das menschenfressende Monster Hannibal Lecter zum dritten
Mal die Kinoleinwand heim, schlüpft dieses Mal aber in die Rolle des Opfers, das vom einzigen Überlebenden seiner einstigen Greueltaten erbarmungslos gejagt wird. Anders als seine Vorgänger steht
Regisseur Ridley Scott («Gladiator») vor einer bei Weitem grösseren Herausforderung, ist doch die Erwartungshaltung an den Schlusspunkt von Erfolgsautor Thomas Harris‘ Trilogie ungleich grösser.
Michael Manns erster Streich lief noch weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit – freilich völlig zu Unrecht, liess doch bereits dieses Frühwerk den bestechenden Stil Manns («Heat», «The
Insiders») erkennen. Zudem stütze sich «Manhunter» auf eine spannende und ausgeklügelte Romanvorlage, in welcher Hannibal Lecter allerdings bloss eine kleinere Rolle zukam. Der phänomenale
Erfolg von Jonathan Demmes Sequel «Das Schweigen der Lämmer» kam denn auch relativ überraschend. Fünf Oscars waren der verdiente Lohn für einen Thriller, der sein Genre in den neunziger Jahren
wie kein anderer Film geprägt hat. Als Thomas Harris vor etwa anderthalb Jahren den lang ersehnten dritten Teil seiner Trilogie auf den Markt brachte, waren die Reaktionen gelinde gesagt
ernüchternd. Insbesondere der Schluss des Romans galt als unverfilmbar – jedoch weniger wegen der besonders blutigen Szenen, als vielmehr wegen der grottenschlechten Qualität der Handlung. Was
dem Buch in erster Linie abgeht, ist aber Suspense in jeder Hinsicht. Weder der Plot, noch das Verhältnis zwischen Hannibal und der FBI-Agentin Clarice Starling erzeugen auch nur in
Ansätzen die Spannung, die «Das Schweigen der Lämmer» auszeichnete.
Rettungsversuche
Um zu retten, was zu retten ist, verpflichteten die Verantwortlichen für die Verfilmung von «Hannbial» mit dem Theaterautor David Mamet und Steven Zaillian («Schindlers Liste») zwei der renommiertesten amerikanischen
Drehbuchschreiber. Mamet und Zaillian strafften die Handlung erheblich und befreiten den Roman von den geradezu peinlichen erotischen Elementen. Zudem fügten sie einen durchaus befriedigenden
Schluss hinzu. Die Überarbeitung des Stoffes muss einem Kampf mit den Windmühlen geglichen haben und am Ende werden wohl auch Mamet und Zaillian erkannt haben, dass sich aus einem schlechten
Roman weder ein gutes noch ein spannendes Drehbuch machen lässt.
Stimmige Inszenierung
Die mangelnde Qualität des Romans liess auch Starling-Darstellerin Jodie Foster, an deren Stelle nun Julianne Moore ermittelt, und Regisseur Jonathan Demme vor dem Projekt zurückschrecken. Den
Regiepart in «Hannibal» übernahm Altmeister Ridley Scott. Ihm sind für das Scheitern des Films keine Vorwürfe zu machen, obschon er in der Inszenierung des malerischen Florenz bisweilen etwas zu
sehr in Postkartenidylle schwelgt. «Hannibal» ist eindeutig opulenter gefilmt als seine Vorgänger, trifft dennoch zumeist den richtigen Ton. Unter Hinzunahme einiger moderner Stiltechniken schuf
Scott ein alles in allem stimmiges Werk, welchem die darstellerischen Leistungen von Julianne Moore – deren desillusionierte Starling allerdings überhaupt nichts mehr mit der von Jodie Foster
gemein hat – und Anthony Hopkins zu gute kommt. Nichtsdesto-
trotz fragt man sich am Ende des Films, ob es vielleicht nicht doch besser gewesen wäre, wenn die Lämmer geschwiegen hätten.