Die Kinderkrankheiten des Geheimdienstes

Robert De Niros starbestückter CIA-Film «The Good Shepard» leidet an einem unglaubhaften Hauptdarsteller, einer umständlichen Inszenierung und einem unentschlossenen Drehbuch.

 

von Sandro Danilo Spadini

Wie Robert De Niro in den letzten zehn Jahren mutwillig seinen Ruf als Schauspielgott aufs Spiel gesetzt und endlich verspielt hat, ist ja eine Tragik von beinahe biblischem Ausmass. Insbesondere mit zahllosen dumpfbackigen Komödien vergraulte der nunmehr 63-Jährige nicht nur manchen Anhänger, sondern zunehmend auch die zuletzt mit attraktiven Angeboten geizenden Top-Macher der Filmindustrie. Um den selbst verschuldeten Abwärtstrend zu stoppen und den Turnaround zu schaffen, blieb dem zweifachen Oscar-Preisträger so denn eigentlich nur noch eine Möglichkeit: selbst Hand anzulegen und sich erstmals seit 1993 («A Bronx Tale») und erst zum zweiten Mal überhaupt auf den Regiestuhl zu setzen. Bei der hoch ambitiösen Produktion «The Good Shepard» hat De Niro ebendies nun getan, und die Stars sind ihm gleich in Scharen zur (Wieder-)Aufbauhilfe geeilt: Für die Hauptrollen konnte er Matt Damon und Angelina Jolie gewinnen, in mitunter kleinsten Nebenparts tummeln sich Leute wie Alec Baldwin, John Turturro, Joe Pesci, Billy Crudup, Michael Gambon, William Hurt, Timothy Hutton sowie die Deutsche Martina Gedeck («Das Leben der Anderen»).

Im Schneckentempo

Gebracht hat dieser Gewaltsaufmarsch renommierter Mimen freilich nicht allzu viel. Insgesamt zu zäh ist die epische Geschichte um die Geburtsstunde und die «Jugendzeit» des US-Geheimdiensts CIA geraten; zu umständlich ist sie inszeniert; zu unentschlossen pendelt das Drehbuch von Eric Roth («Munich», «Forest Gump») zwischen historisch akkuratem Politkino und persönlichem Schuld-und-Sühne-Drama; und zu unglaubhaft wirkt Matt Damon in der Rolle des CIA-Mitgründers Edward Wilson. Um diesen herum entwickelt «The Good Shepard» einen sich über rund zweieinhalb Jahrzehnte erstreckenden Plot, der mit Wilsons Beitritt zur Yale-Bruderschaft Skulls & Bones beginnt, über die CIA-Erfolge während des Zweiten Weltkriegs führt und mit dem von der «Firma» mitverschuldeten Schweinbucht-Debakel im April 1961 endet. Erzählt wird dies alles mit konstant bedeutungsschwangerer musikalischer Untermalung und in unsortiert unchronologischer Reihenfolge, was den Eindruck von Wichtigkeit und Komplexität erwecken soll, sich letztlich jedoch als wenig praktikabel oder zumindest unnötig erweist. Im Schneckentempo schreitet so die von in Codes parlierenden Männern mit Hüten und Trenchcoats getragene Story voran, um dann wieder zwei Schritte zurückzumachen und Wilson als so ehrgeizigen wie idealistischen Grünschnabel zu zeigen. Relativ souverän und mit teils einfachsten Mitteln gelingt es dem in einer Nebenrolle auftretenden De Niro hierbei, eine dichte und durchaus faszinierende Atmosphäre des Geheimnisvollen zu schaffen und die Entwicklung der CIA minutiös und kompetent aufzuzeigen.

Respekt ohne Begeisterung

Zunächst bloss beigefügt, allmählich aber gegenüber dem politisch-historischen Geschehen überhand nehmend, wird zwecks ergänzender Veranschaulichung des persönlichen Werdegangs zudem Wilsons ungünstige Ehe mit der Senatorentochter Margaret (Jolie) aufgerollt. Dies nun aber funktioniert mehr schlecht als recht, zumal sich wegen des Verzichts auf die Künste der Maskenbildner die Alterung des Protagonisten im Gesicht des für seine 36 Jahre ohnehin recht juvenil wirkenden Matt Damon nur in einem wechselnden Brillengestell manifestiert. Entsprechend schlecht klappen die Szenen, in denen Wilson seinen heiratswilligen Sohn mit altersweisen Ratschlägen zur Seite steht – umrahmt von einer Angelina Jolie, die sich partout nicht entscheiden kann, ob sie ihre Figur als lasziven Vamp, wirre Chaotin oder brave Hausfrau spielen soll. Derweil nötigt der grosse Rest wenn nicht Begeisterung, so doch immerhin Respekt ab, weshalb denn auch eine gewisse Hoffnung besteht, wenn De Niro ankündigt, an zwei Sequels zu arbeiten, die Wilsons Geschichte weitererzählen sollen. Bis es aber so weit ist, wird er sich zunächst an der Seite des Rappers 50 Cent im Thriller «New Orleans» und wohl in Marc Forsters geplantem Remake des französischen Hits «36 Quai des Orfèvres» als Partner von George Clooney neu bewähren müssen.