von Sandro Danilo Spadini
Schauen Sie genau hin!», wird uns zu Beginn von Christopher Nolans «The Prestige» mit einem kryptischen Grummeln geraten. «Machen wir doch eh!», möchte man darauf entgegnen, zumal es sich hierbei um den
mit Spannung erwarteten fünften Film eines der derzeit grössten Regietalente handelt. Und dennoch ist dies leichter dahingeschwafelt als getan. Selbst wer den vergleichsweise unoriginellen
Ratschlag über Gebühr befolgt, wird nämlich seine liebe Mühe haben, die im Folgenden mit verschlagener Virtuosität aufgetischten Tricks und Wendungen im Voraus zu durchschauen. Denn smart und
clever ist die Erzählstruktur dieser Ende des 19. Jahrhunderts angesiedelten Geschichte – so smart und so clever wie ihre beiden Protagonisten halt, die rivalisierenden und sich bis aufs Blut
bekämpfenden Zauberkünstler Robert Angier (Hugh Jackman) und Alfred Borden (Christian Bale). Eine seltene Kongruenz von Form und Inhalt hat Nolan damit erzielt und so einen Film hingehext, dem
wie seinen Hauptfiguren zu keiner Sekunde zu trauen ist. «Was ist Wahrheit, was ist Illusion?», fragt man sich denn auch unentwegt – um alsdann festzustellen, dass das meiste bloss bare boshafte
Täuschung ist.
Eingelöstes Versprechen
Von der narrativen Ausgestaltung her erinnert «The Prestige» an Nolans Wunderwerk «Memento». Der Anfang ist der Schluss (oder fast), und der Rest wird in kleinen, ziemlich unchronologisch aus dem
Zylinder gezauberten Häppchen nachgereicht. Angesetzt wird mit einer Gerichtsverhandlung, die das Hinscheiden Angiers klären soll und an deren Ende das Todesurteil für Borden steht. Dem
Verständnis wie der Analyse dienliche Informationen zu Händen des Gerichts und des Publikums werden im Zuge dessen von einem gemütlichen älteren Herrn namens Cutter (Michael Caine) eingebracht.
So führt der ehedem als Ingenieur und Mentor der beiden Streithähne fungierende Routinier etwa aus, dass ein Zaubertrick immer aus drei Teilen bestehe: dem Versprechen, der Wandlung und
schliesslich dem Prestige. Also dann: Ersteres ist auf der Filmebene alleine schon wegen des Namens Nolan und der illustren, von Scarlett Johansson, Piper Perabo, David Bowie und talentierten
Rebecca Hall ergänzten Besetzung vollmundig; Zweiteres ist grösstenteils wuchtig-elegant, raffiniert-doppelbödig und nur ansatz- und ausnahmsweise ein wenig betulich umgesetzt; und Letzteres, ja
Letzteres ist unverfroren wie ein Taschenspielertrick und dürfte manchem die Freude am zuvor Dargebotenen rauben.
Magische Momente
Doch zurück zum Anfang. Dem juristischen Hader folgend, werden zunächst die Zauberlehrlingsanfänge Brodens und Angiers geschildert, über die deren Assistentin Olivia (Johansson) gegen Ende
resigniert sagen wird: «Ihr verdient einander.» Dabei stossen wir erwartungsgemäss auf die Wurzel aller Feindseligkeiten: den vermeintlich oder tatsächlich durch Broden verschuldeten Tod von
Angiers Gattin (Perabo). In einem weit gespannten Bogen immer wieder begeisternder und verblüffender Sequenzen werden wir sodann Zeugen des von Hass und Rivalität getriebenen, aber auch von Spass
und Genialität beflügelten Aufstiegs der beiden sowie von deren allmählicher moralischer Degeneration. Man sieht sie zaubern und zaudern, sieht sie altern und erkalten, sieht sie leiden und
draufgehen an den psychischen und physischen Verletzungen, die sie sich im Laufe der Jahre gegenseitig zugefügt haben. Doch auch für Magie bleibt darob natürlich Platz – und zwar im doppelten
Sinne. So sprühen gerade im Spiel von Nolans Batman-Darsteller Bale bisweilen die Funken, derweil der solide Jackman die Abgründigkeit seiner Figur in nicht ganz so spektakulärer Manier einfängt.
Und die sich sehr an ihren Protagonisten interessiert zeigende Regie vermag ihrerseits über weite Strecken und bis ins Ziel Spannung wie Faszination aufrechtzuerhalten und dergestalt manch
zauberhaftes Bravourstückchen hervorzubringen – selbst wenn das allerletzte Kaninchen, das Prestige sozusagen, den wirklich ganz genau Zuschauenden kein allzu überraschtes Raunen, sondern viel
eher ein etwas enttäuschtes Knurren entlocken wird.