Breezy

 

Frank (William Holden), Mitte fünfzig, geschieden und vermögend, hat es sich häuslich gemütlich eingerichtet in seiner postmodernen Villa oberhalb von L.A. in Laurel Canyon und mental geradeso bequem gemacht in einem distanzierten Zynismus, der ihn davor beschützt, verbindliche Beziehungen einzugehen und etwas zu fühlen. Edith Alice (Kay Lenz) ist ein 19-jähriges Blumenkind aus Pennsylvania, das nur mit einer Gitarre im Gepäck nach Kalifornien gekommen ist und sich hier wie im Paradies fühlt, auch wenn sie keine feste Bleibe und öfters einen leeren Magen hat. Sie nennt sich Breezy, und luftig unbekümmert ist sie denn auch – gesegnet mit einer ungefilterten Ehrlichkeit und einem kindlichen Urvertrauen in das Gute und Schöne. Sie ist also das pure Gegenteil von Frank und damit genau die Richtige, um frischen Wind in dessen erstarrtes Dasein zu bringen. Zwar sträubt sich Frank zunächst noch bärbeissig-missmutig gegen diese natürliche Urkraft, die da eines Morgens in der Einfahrt zu seinem Haus in seinen Alltag platzt; doch im Nu hat Breezy diesen auch schon auf den Kopf gestellt. Denn diese zu allem Ja sagende Lebenslust, sie ist ansteckend; und das erwartungsfrohe Funkeln in ihren Augen erweist sich dann als derart unwiderstehlich, dass Frank wider das Diktat der Logik ihren unverblümten Avancen schliesslich nachgibt und sich einer Liebe hingibt, die nur im flüchtigen Moment blühen kann. Die ihm aber Dinge in Erinnerung ruft, die er längst vergessen hat, und eine Schönheit zurückbringt, die er verloren geglaubt hat.

Es weht eine erfrischende Brise unschuldiger kalifornischer Unbeschwertheit durch «Breezy», Clint Eastwoods dritte Regiearbeit aus dem Jahr 1973. Dass hier ein Mittfünfziger mit einer Teenagerin ins Bett steigt, müsste einen eigentlich gruseln; doch Eastwood schafft es auf gleichsam beiläufige und doch fast magische Weise, dass die Liebe zwischen Frank und Breezy nie creepy wirkt, sondern ganz im Gegenteil: von Herzen kommend, zu Herzen gehend. Es hilft dabei natürlich, dass er die bei einer solchen Geschichte programmierten Klischees umschifft: Sowenig wie sie es auf das Geld dieses reichen alten Sacks abgesehen hat, so wenig giert er nach dem Körper dieses naiven jungen Dings; und so dezent seine Kritik an ihrem pflichtvergessenen In-den-Tag-hinein-Leben ist, so dezent ist ihre Rebellion gegen die von ihm verkörperte Bürgerlichkeit. Es geht hier also weder um Politik noch um Gesellschaftskonflikte – es geht in diesem wunderbaren Film, den man dem im Dirty-Harry-Zenit stehenden Clint Eastwood irgendwie so gar nicht zutraut, nur um eines: um die Kraft der Liebe, die einen jedes Hindernis überwinden und alle Differenzen nichtig und klein erscheinen lässt.