Bei der «Richtigen» an die Falsche geraten

In der umwerfenden Liebeskomödie «(500) Days of Summer» passt von der Geschichte über Bild, Ton und Witz bis zum Hauptdarstellerduo alles zusammen – ein Meilenstein des Genres.

 

von Sandro Danilo Spadini

Wenn Menschen in der ferneren Zukunft wissen möchten, wie junge Männer und Frauen dieses Jahrzehnts geliebt haben, werden sie sich schon diese umwerfend verspielte Komödie anschauen müssen. In Marc Webbs Spielfilmdebüt «(500) Days of Summer» ist nämlich alles drin, was sogenannt moderne Beziehungen ausmacht: die Unverbindlichkeit, der Spass, die Bindungsangst, die Leidenschaft, das anstrengend oder spannend Komplizierte. Die, um die es da geht, heissen Tom und Summer und werden dargestellt von zweien, denen vielleicht noch nicht die Gegenwart, wahrscheinlich aber die Zukunft gehört – falls der schon öfters angenehm aufgefallene Joseph Gordon-Levitt und die vor allem im Indie-Fach viel beschäftigte Zooey Deschanel so weitermachen wie hier, ist das sogar sehr wahrscheinlich. So plastisch, zoten- und allürenfrei ist deren Spiel, dass man sich diesen Tom und diese Summer von der Leinwand ins richtige Leben holen und sich womöglich gar in ihnen finden kann. Und das ist etwas, was im Genre der romantischen Komödie US-amerikanischen Zuschnitts doch selten genug vorkommt.

Witz und Ideen

Dabei will «(500) Days of Summer» gar keine Liebesgeschichte erzählen – dies zumindest behauptet der Erzähler aus dem Off in seinem dem Vorspann vorausgeschickten «Disclaimer». Die Warnung ist freilich nicht bare Koketterie, wird aufgrund der chronologisch gebrochenen Erzählweise doch bald suggeriert, dass das mit Tom und Summer wohl nicht gut enden wird. Jeweils eingeleitet von der Einblendung einer die Tage der Beziehung angebenden Zahl, werden in mal längeren, mal kürzeren Segmenten mal entscheidende, mal scheinbar banale Momente dieser Liebesgeschichte dokumentiert – wobei trotz der unterschiedlichen Länge der Teile und des wilden Herumhüpfens auf der Zeitachse eine höchst stimmige Aufarbeitung entsteht. Geschuldet ist diese Dichte auch der Bildsprache mit ihrer sorgfältigen farblichen Abstimmung im Siebzigerjahre-Stil, den liebevoll gestalteten Innensets und den hübschen Aussenschauplätzen, die Los Angeles lieblich wie nie ausschauen lassen. Ohnehin lebt «(500) Days of Summer» bei aller scharfsichtigen Intelligenz des Skripts und dessen spritzigen Dialogen gerade auch von solch kleineren Dingen. So hat Webb für jede Stimmungslage, ob das Frischverliebtsein, Summers Zweifel, Toms Herzschmerz oder den Beziehungskiller Routine, die jeweils perfekte Ausdrucksform gefunden: hier mal eine geträumte Tanzeinlage oder eine der zahlreichen popkulturellen Referenzen, da mal die Wiederaufnahme einer früheren Szene unter umgekehrten Vorzeichen oder ein Split-Screen derselben Sequenz mit dem erhofften und dem eingetroffenen Ablauf. Nicht zuletzt in diesen Momenten ist Webb in Hochform, vor Witz und Ideen sprühend, ohne sich dabei aber allzu sehr selbst zu gefallen und in das aufdringliche Wunderkind-Gehabe etwa eines Wes Anderson zu verfallen. Auch das gibt nochmals massig Punkte auf das bereits reichlich gefüllte Sympathiekonto.

Das richtige Leben?

Sympathisch ist an diesem Film sowieso alles, wirklich alles, bis hin zur schlauen Liedauswahl und sogar zu Toms beiden gestörten Freunden (Geoffrey Arend und Matthew Gray Gubler). Diese Strategie des Charmeurs und Herzensbrechers fährt spätestens seit Zach Braffs Heldentat «Garden State» zwar manch eine unabhängige US-Produktion mit europäischem Touch; doch schon länger ist dabei nicht mehr etwas derart Ausgewogenes, Erfrischendes und zugleich Aufschlussreiches wie «(500) Days of Summer» entstanden. Der Grund dafür könnte letztlich denkbar simpel sein: Wie aus einem zweiten Disclaimer auch noch vor dem Vorspann herauszulesen ist, dürfte es sich bei dieser Geschichte um eine verdeckte Abrechnung oder mindestens Aufarbeitung einer realen Beziehung handeln – sie dürfte mithin dem Leben entnommen sein. Dass die ebenfalls debütierenden Drehbuchautoren Scott Neustadter und Michael H. Weber hier schummeln, ist gewiss möglich. Aber das alles fühlt sich eben wirklich verdammt so an wie das richtige Leben. Und das macht «(500) Days of Summer» zu einem Sofortklassiker und zur definitiven Liebeskomödie dieser Generation.