Rache ist fade

Eine Frau gegen den Rest der Welt: Ashley Judd und Tommy Lee Jones spielen die Hauptrollen in einem überaus konventionellen und in jeder Hinsicht reizlosen Rachethriller von Bruce Beresford.

 

von Sandro Danilo Spadini

Nick Parson (Bruce Greenwood) und seine Frau Libby (Ashley Judd)  führen ein harmonisches Eheleben. Ein süsser Junge, ein Haus am See und gesellschaftliche Anerkennung – es ist alles da, was das Eheherz begehrt. Doch wie so oft trügt der Schein. Nach einer romantischen Bootsfahrt wacht Libby blutüberströmt auf – und von Nick fehlt jede Spur. Die Polizei kommt zum Schluss, dass die trauernde Witwe ihren Ehemann umgebracht hat, obschon die Leiche nie gefunden wird. Dies wiederum ist nicht weiter verwunderlich, erfreut sich der gute Nick doch allerbester Gesundheit.

Ein todsicherer Plan

Wie Libby im Gefängnis erfährt, ist ihr vormals Liebster samt bester Freundin und Kind nach New Orleans durchgebrannt und hat sich dort eine neue Existenz aufgebaut. Als sie auf Bewährung entlassen wird, kommt für sie jedoch die grosse Chance zur Vergeltung. In den USA gibt es nämlich ein Gesetz, wonach man für dieselbe Straftat nur einmal verurteilt werden kann. Da Libby ihre Strafe quasi verbüsst hat, stehen für sie nun alle Wege offen, Nick sozusagen «legal» um die Ecke zu bringen. Die Realisierung dieses Plans bereit ihr allerdings mehr Schwierigkeiten als zunächst angenommen, zumal sich der Bewährungshelfer Travis Lehman (Tommy Lee Jones, «Auf der Flucht») an ihre Fersen geheftet hat. Dies ist die an sich nicht uninteressante Ausgangslage von Bruce Beresfords neuem Thriller «Double Jeopardy», welcher in den USA zu den Überraschungserfolgen des letzten Jahres gehörte. Doch was der routinierte Regisseur daraus macht, ist leider ausserordentlich fade. Vor Postkartenatmosphäre steuert die Geschichte konventionell auf ihr völlig absehbares Ende zu. Einige mehr oder weniger wilde Verfolgungsjagden, ein bisschen Herzschmerz und die obligate Annäherung der beiden zunächst verfeindeten Protagonisten – Bruce Beresford verwendet die herkömmlichen Ingredienzen des amerikanischen Kinos. Die Figuren bleiben eindimensional und stereotyp. Ashley Judd spielt die arg gebeutelte, dennoch toughe Powerfrau und Tommy Lee Jones befindet sich als zynischer Einzelgänger mit harter Schale und weichem Kern mal wieder auf der Jagd.

Hollywood-Dutzendware

Bei einer derart lieblosen Figurenzeichnung überrascht es denn kaum, dass «Double Jeopardy» auch darstellerisch nicht gerade ein Leckerbissen ist. Mit «stylish, sexy and suspenseful» wird der Film auf dem amerikanischen Filmplakat beschrieben. Mit etwas gutem Willen mag man vielleicht den Ringen unter den Augen von Tommy Lee Jones einen gewissen Stil zugestehen und Ashley Judd ein optisch ganz ansprechend Äusseres attestieren. Doch Suspense? Formal gänzlich uninteressant, spannungs- und humorlos und auch narrativ nicht überzeugend, stellt «Double Jeopardy» Hollywood-Dutzendware dar, deren spektakulärer Erfolg in den USA auch bei mehrfachem Anschauen nicht nachvollziehbar wird.