Der Feind in meinem Büro

In «The Hating Game» könnten die Fetzen zwar knackiger fliegen und die Funken knisternder sprühen. Trotzdem hat die romantische Komödie, in der sich zwei so lange necken, bis sie checken, dass sie sich lieben, ihren sympathisch altmodischen Charme.

Austin Stowell und Lucy Hale im Film The Hating Game

Ascot Elite

von Sandro Danilo Spadini

Wie ist das jetzt noch mal mit diesen Gegensätzen: Ziehen sie sich nun an, oder stossen sie sich ab? So richtig den Durchblick scheinen da auch Lucy (Lucy Hale) und Joshua (Austin Stowell) nicht zu haben, die aber definitiv gegensätzlicher nicht sein könnten: hier die zierliche Romantikerin, die es allen recht machen will; da der durchtrainierte Pragmatiker, der alles ihm Lästige beiseite pflügt. Am besten also wäre es, die beiden würden sich konsequent aus dem Weg gehen. Saublöderweise geht das aber nicht. Denn nachdem ihre Arbeitgeber fusioniert haben, müssen sich Lucy und Joshua nicht nur das Büro teilen; bald schon rangeln sie sich auch um denselben Managerjob im Verlagshaus, das nunmehr zwei komplett konträre Philosophien unter einem Dach in Einklang bringen muss. Derweil Lucy und ihre Chefin (Sakina Jaffrey) für das Hehre eine Lanze brechen, pushen Joshua und sein Boss (der alte «L.A. Law»-Schwerenöter Corbin Bernsen) das Triviale. Kein Wunder, herrscht da mehr als nur schnöde Antipathie zwischen diesen beiden seltsamen Bürogesellen: Ein richtiger Hass aufeinander hat sich da über die Zeit entwickelt, kurz aufgestaut und endlich Luft verschafft, indem sich die Schöngeistige und das Konzernbiest den Alltag mit giftigen Spielchen und bissigen Sticheleien zur Hölle machen. Und trotzdem, bei all dieser von Herzen kommenden Gehässigkeit, meint man hier auch eine Spur von Anziehung auszumachen.

Flüssig und flapsig

Es dauert dann in der romantischen Komödie «The Hating Game» prompt auch nicht lange, bis unsere beiden Bürofeinde ein erstes Mal Zärtlichkeiten mit dem Mund austauschen. Ein bisschen gar schnell geht das aus dramaturgischer Sicht; doch bei einer sachlich-ökonomisch bemessenen Lauflänge von rund 100 Minuten hat man nun mal keine Zeit zu verplempern. Ohnehin kennzeichnen eine gewisse Konzentration aufs Praktikable und eine Beschränkung aufs Fundamentale die Regie von Peter Hutchings («Then Came You») und das Skript von Christina Mengert. Da wird dann eben auch mal auf Stereotype und Standardnummern vertraut, um die Dinge zu beschleunigen und die Widerspenstigen zu zähmen; und der Wille, dem schon länger im Dornröschenschlaf dahinvegetierenden Genre neuartige Facetten abzugewinnen oder etwas Exotisches, geschweige denn Erotisches zu riskieren, ist schon gar nicht erkennbar. Entsprechend ist nicht alles an dieser Bestselleradaption so ganz taufrisch; weil das aber stets leicht und flüssig inszeniert ist und das Drehbuch immer wieder mal mit flapsigen Schäkereien und luftigen Scharmützeln überrascht, wirkt diese Romcom anders als so viele Genregenossen nie je abgestanden. Und dass darauf verzichtet wird, sich zwanghaft zeitgeistig zu geben, verleiht ihr einen nachgerade altmodisch sympathischen Charme.

Der Mix machts

Gar nicht arm an Charme sind auch die beiden Leads – oder zumindest harmonieren sie gut miteinander. Während der noch wenig profilierte Austin Stowell («Catch-22») mehr übers Physische kommt und dabei bisweilen etwas hölzern wirkt, macht es Lucy Hale («Pretty Little Liars») auf die humor- und temperamentvolle Art und stiehlt ihm ein wenig die Show, auf die sie kraft ihrer Funktion als Erzählerin ohnedies schon den höheren Anspruch erheben kann. Quasi als Kompensation staffiert das Drehbuch Stowells Figur dafür mit einem Background aus, der das übliche Genremass übersteigt und dem Objekt der weiblichen Begierde so ein vergleichsweise scharfes Profil verleiht. Die Mischung stimmt hier jedenfalls, die Geschlechtergerechtigkeit ist quasi gewährleistet, und optisch geben die beiden sowieso ein prächtiges Paar ab. Dass darüber die Nebenfiguren etwas zu kurz gekommen sind und kaum Erinnerungswürdiges einzubringen vermögen, ist zwar schade und eine leichtfertig vergebene Gelegenheit; es hat das aber wohl auch wieder mit dieser Fokussierung auf den Kern der Sache zu tun. Und dieser Kern, der präsentiert sich unter der vermeintlich harten, hasserfüllten Schale wohl butterweich, aber nicht zuckersüss. Eigentlich so, wie man das erwarten durfte. Und doch irgendwie überraschend erspriesslich und herzerquickend.