Der Weg zurück ins Schlafzimmer ist ein tückischer

Meryl Streep und Tommy Lee Jones legen sich in der Komödie «Hope Springs» auf die Couch von Paartherapeut Steve Carell. Das ist komisch, klug und berührend.

 

von Sandro Danilo Spadini

Das ist natürlich bitter: Da brezelt sich Kay (Meryl Streep) mal wieder auf und klopft an die Tür des Gästezimmers, wo Gatte Arnold (Tommy Lee Jones) seit Jahren schon nächtigt. Und dann kapiert der einfach nicht, was sie will. Doch fast bitterer noch: Als sie ihm ihr erotisches Begehr kaum mehr verhüllt kundtut, reagiert er mit dem sagenhaft lahmen Verweis, er möge halt nicht – er habe Schweinefleisch zu Mittag gegessen, sie wisse schon. O ja, Kay weiss schon. Und deshalb fasst sie sich nun ein Herz und bucht für 4000 Sparbuch-Dollar gleich mal die Intensivbehandlung beim Paartherapeuten in Maine, dessen Buch ihr kürzlich in die schwitzigen Hände fiel. Klar, will Arnold davon nichts wissen – sehr suspekt ist dem Steuerexperten doch solch neumodisches Zeug und viel zu persönlich sowieso. Doch da hilft nichts. Kay ist wild entschlossen und wird den Flug von Nebraska nach Neuengland ohnehin antreten – ob Arnold jetzt kommt oder nicht. Arnold kommt dann. Widerwillig. Sehr widerwillig sogar. Und entsprechend mürrisch gibt er sich denn auch, wenn sie endlich in der Econolodge einchecken, diesem ökonomisch vernünftigen Motel. Denn alles sauteuer hier in Hope Springs, Maine, und das Schlimmste: kaum Handyempfang. Aber das alles ist noch nichts gegen diesen Dr. Feld (Steve Carell), der jetzt «ausführlich über Ihre sexuelle Vergangenheit sprechen» will. O Gott!

Ein riesiges Vergnügen

Entspannend unaufgeregt im Ton und angenehm gemächlich im Tempo ist dieser Film; sozusagen altergerecht gegenüber seinen Helden hat David Frankel «Hope Springs» inszeniert. Dieser New Yorker Komödienspezialist hat eine lange Fernsehkarriere («Sex in the City») hinter sich und legt jetzt auch schon seine vierte Regiearbeit fürs Kino vor. Seinen Einstand «bei den grossen Jungs» gab Frankel vor sechs Jahren mit «The Devil Wears Prada», und dort wie hier nun hat er das Privileg, die Allerwunderbarste der Branche in Szene zu setzen. Freilich könnten die beiden Rollen von Meryl Streep verschiedener nicht sein: Nicht den Hauch von Glitzer verströmt die brave Hausfrau Kay, die so liebenswürdig ist, wie die glamouröse Modemagazin-Chefin Miranda bösherzig war. Sicher nicht wirklich böse ist wiederum Tommy Lee Jones’ Brummbär Arnold – aber er nervt sich halt sehr. Und nicht enden will deshalb die Suada, mit der er zu Kays Leid und unserem Vergnügen über alles und jeden im so malerischen Hope Springs herzieht. Dass sich Arnold aber irgendwann einkriegen wird, ist klar; das gebietet nicht nur sein Blutdruck, sondern auch die Genregewohnheit. Mit dieser möchte Frankel nämlich mitnichten brechen. Vielmehr darf seine herzensgute und blitzgescheite Komödie als Paradebeispiel dafür gelten, wie auch ein formelhafter Film überraschend sein kann: etwa dadurch, dass Steve Carell in den ganzen 100 Minuten nicht eine Grimasse schneidet und keinen einzigen Lacher verbucht.

Wie zwei verklemmte Teenies

Sehr wohl an Überraschungen mangelt es derweil ja in der Ehe von Kay und Arnold. Zum Frühstück macht sie ihm roboterhaft sein Spiegelei und die eine Scheibe Speck; abends sitzt er starr vor der Glotze und schaut Golf; und zum gerade begangenen 31. Hochzeitstag hat man sich folgerichtig das neue Bezahl-TV-Paket geleistet – das bringt halt auch keinen Schwung in die Beziehung. Wann sie zuletzt Sex hatten, weiss Arnold nicht mal mehr – Kate hingegen sehr wohl und genau: am 22. September vor fast fünf Jahren. Das ist tatsächlich verdammt lange her – findet auch Dr. Feld. Also pocht er auf Körperkontakt. Und wenn Streep und Jones sich allmählich wieder annähern und sich dabei benehmen wie zwei verklemmte Teenager, dann ist das nicht nur komisch, sondern mehr noch richtig herzerwärmend. Solche Zärtlichkeit und Wahrhaftigkeit hätte man diesem Film gar nicht zugetraut, der so herrlich heiter beginnt und sich seinen Humor auch später stets bewahrt. Aber Frankels Regie und das Drehbuch von Kinodebütantin Vanessa Taylor wissen nun mal, wann es für Spass Zeit ist und wann für Ernst. Und sie wissen sogar ganz genau, wann es Zeit ist für die auch im echten Leben oft wirkungsvolle Mischung aus beidem.