Das liebe Geld, die böse Gier

In «Money Monster» nimmt sich Jodie Foster mit klassischen Motiven des Geisel- und des Medienthrillers die Finanzbranche zur Brust. Die feine Klinge führt sie dabei nicht; George Clooney und Julia Roberts wetzen das aber aus.

 

von Sandro Danilo Spadini

Von einem tiefen Misstrauen in die Autoritäten und einer hohen Frustration über sie zeugt es, was Jodie Foster in «Money Monster», ihrer vierten und besten Regiearbeit, offenbart. Es ist jene Art von Desillusion, die Millionen Amerikaner gerade in die Arme von Donald Trump treibt. Leute wie Kyle Budwell (Jack O’Connell) vielleicht, die vom System verraten worden sind. Die darob alles verloren haben. All das wenige, was sie hatten. Im Fall von Kyle Budwell waren das 60'000 Dollar, die er geerbt und sodann in Aktien der auf Hochfrequenzhandel spezialisierten Firma Ibis investiert hat. Dazu geraten hatte ihm der TV-Star Lee Gates (perfekt: George Clooney), ein aalglatter Schlangenölverkäufer im Dienste der Hochfinanz, der die Ibis-Aktie als «sicher wie ein Sparkonto» angepriesen hatte. Dann aber verlor die Bude 800 Millionen Dollar wegen einer Anomalie im Algorithmus, wegen eines «Glitch». Und so wurde Kyle zu einem jener Amerikaner, die nur noch wütend sind. Doch anstatt sich Trump um den Hals zu werfen, macht er eine andere Dummheit und vertraut auf seine eigenen Cowboymethoden: Er stürmt das Fernsehstudio in Manhattan, in dem Lees «Money Monster» produziert wird. Vor laufender Kamera hält er dem quasseligen Moderator eine Waffe an den Kopf, schnallt ihm eine Sprengstoffweste um und verlangt nur eines: Klartext.

Endlich richtiger Journalismus

«Jetzt wird es kompliziert», sagt Clooneys Lee zum Start in die Kamera. Als Programm für Fosters in strammen 98 Minuten erzählten Film ist das freilich nicht zu verstehen. Verzwickt ist hier nämlich wenig; stattdessen gibt es sattsam: Schwarz, Weiss – und klassische Motive sowohl des Geisel- als auch des Medienthrillers. Als wuchtigster Vertreter letzteren Genres schiesst «Network» in den Sinn; und wenn man schon bei Sidney Lumet ist, kann man gleich noch dessen «Dog Day Afternoon» in die Waagschale werfen. Umsonst indes wartet man darauf, dass Julia Roberts als Lees Produzentin Patty zum profilierungsgeilen «Reporter des Satans» wird im Stil von Kirk Douglas in Billy Wilders so betiteltem Film oder von Dustin Hoffman in Costa-Gavras’ «Mad City». Ihre Sorge gilt ihrem Schützling, mit dem sie eben noch allerlei Klamauk und Klimbim, aber sicher «keinen Journalismus» fabriziert hat (solche Finanzshows gibt es in den USA tatsächlich; sie heissen etwa «Mad Money» und werden moderiert von Leuten wie Jim Cramer, der einen ähnlichen Kasperlquotienten hat wie Lee).

Laut und deutlich

Patty also bleibt integer. Patty ist aber auch Profi; sie findet, sie mache hier immer noch eine Show. Nur so, glaubt sie, kann sie dazu beitragen, dass das alles glimpflich endet: indem sie dafür sorgt, dass Kyle seine Botschaft loswird. Denn dieser Kyle ist einer wie Michael Douglas in «Falling Down» – einer, der will, dass man ihm jetzt endlich verdammt noch mal zuhört. «Ich bin der Mann mit der Knarre, aber ich bin nicht der Kriminelle hier», legt er also los. Das seien Leute wie Lee. «Die stehlen uns das Land unter dem Arsch weg.» Ein abgekartetes Spiel sei das, alles manipuliert, sagt er und hat ja auch recht, wie man seit «The Big Short» weiss. Dort wurde dann ein bisschen näher das Gebaren der Wall Street und ihrer Politlakaien beleuchtet. Hier hingegen kommen noch koksende südkoreanische Programmierer und kiffende isländische Hacker ins Spiel, und Kyle darf die Ibis-«PR-Lady», wie sie Lee mit der ihm und dem Film eigenen Schnoddrigkeit nennt, oder Chief Communications Officer, wie sie auch noch heisst, anbrüllen. «Wir wissen es nicht», sagt diese (Caitriona Balfe) für den abgetauchten CEO (Dominic West) auf die Frage nach dem Warum. Und: «Wir wissen es einfach nicht.» Doch das ist natürlich nicht mal die halbe Wahrheit. Und so blökt Kyle nach dem nachgeschobenen nichtssagenden Corporate-Kauderwelsch: «Ich kanns nicht mehr hören.» Und wieder hat er ja recht. Aber es ist auch ein riskantes Spiel, das Foster da treibt. Immer nur dem Kerl mit der Knarre die Sympathien zuschanzen – das ist auch keine Lösung. Und zudem muss Lee noch geläutert werden, das gehört sich so. Gesagt, getan, und was gibt es sonst noch zu tun? Richtig: Polizei aufbieten; Angehörige zuschalten; Reaktionen einblenden. Das alles erledigt Foster pflichtschuldig. Flüssig und zackig. Und hoch kompetent. Die feine Klinge ist es zwar nicht, die sie dabei führt. Aber vielleicht will sie einfach, dass auch ihre Botschaft gehört wird: laut und deutlich.