von Sandro Danilo Spadini
Deutsche Stars stehen in Hollywood nicht gerade hoch im Kurs. Umso grösser ist das Aufsehen, wenn sich doch einmal einer anschickt, dies zu ändern. Derweil Till Schweigers dahingehender Versuch
zuletzt eher jämmerlich scheiterte, ist Franka Potente («Lola rennt») auf dem besten Weg, sich auch beim amerikanischen Publikum einen Namen zu machen. Nach ihrem Debüt in Ted Demmes Drogendrama
«Blow» und einem winzigen Part in Todd Solondz‘ «Storytelling» ist sie nun in «The Bourne Identity» des Regietalents Doug Liman zu sehen.
Problematische Besetzung
Liman machte vor sechs Jahren mit der hinreissenden Twentysomething-Komödie «Swingers» erstmals auf sich aufmerksam. Dem etwas zu hippen Nachfolger «Go», einer Art Teenie-Version von «Pulp
Fiction», blieb dann aber der ganz grosse Erfolg und das ungeteilte Kritikerlob verwehrt. Der Ruf als hoffnungsvoller Jungregisseur war gleichwohl schon zementiert, weshalb Liman mit «The Bourne
Identity» nun eine Grossproduktion (Budget: 70 Mio. $) anvertraut wurde. Der Actionthriller – Verfilmung des ersten Teils einer Romantrilogie des kürzlich verstorbenen Bestsellerautors Robert
Ludlum – erzählt die Geschichte eines an Amnesie leidenden Agenten, dem ein Profikiller im Auftrag der CIA nach dem Leben trachtet. Ort der Handlung ist neben Paris zu einem guten Teil auch
Zürich. Wie unschwer zu erkennen ist, wurde jedoch nicht dort gedreht: Den Produzenten war die Schweizer Metropole zu «provinziell». Wenig überzeugend gibt deshalb Prag das Double für Zürich ab –
nicht die einzige problematische Besetzung in «The Bourne Identity»: Milchbubi Matt Damon ist als stählerner Geheimagent zwar sympathisch, letztlich aber ebenso unglaubwürdig wie die süsse,
mädchenhafte Julia Stiles als CIA-Abhörspezialistin. Franka Potente wiederum ist dank ihrer prägnanten Präsenz wohl mehr als bloss das übliche farblose «love interest» des Actionhelden, ihr Text
aber kommt trotz deutschem Akzent in einem etwas gar flüssigen Englisch daher und wirkt deshalb hölzern und wie vom Blatt gelesen.
Gehobene Klasse
Independent-Filmer Liman war ursprünglich mit dem Anspruch angetreten, einen Actionfilm jenseits aller Hollywood-Dutzendware zu drehen. Die Produzenten indes wollten auf Nummer sicher gehen und
nahmen sehr zu seiner Verärgerung einige markante Änderungen am Skript vor. Herausgekommen ist daher ein mehr oder minder herkömmlicher, optisch stark den Zeitgeist betonender Genrefilm der
gehobenen Klasse, der immerhin mit gelungenen Actionszenen aufwartet und sich dann und wann etwas Zeit für seine Figuren nimmt. Seine Originalität besteht freilich einzig darin, dass er in Europa
– und dies nicht vor einer Postkartenkulisse – spielt. Auch wenn überraschende Wendungen grösstenteils ausbleiben, vermag «The Bourne Identity» ganz ordentlich zu unterhalten und eine gewisse
Spannung aufrechtzuerhalten. Wenn dann aber beim Abspann Mobys grossartiges «Extreme Ways» ertönt, ist das der Knalleffekt, den man sich schon während des Films gewünscht hätte.