Nichts für sanfte Gemüter

Auch in seinem vierten Spielfilm erweist sich Regisseur David Fincher wieder als Meister der Provokation. Grosses Kino oder bloss seichte Zivilisationskritik ? Das ist hier die Frage.

20th Century Fox

von Sandro Danilo Spadini

Bereits bei seiner Premiere wurde «Fight Club» höchst kontrovers diskutiert. «Film des Jahres» hallte es aus einer Ecke, «gewaltverherrlichendes» Machwerk aus einer anderen. Ein englischer Kritiker wollte gar faschistoide Tendenzen erkannt haben, was schlichtweg Blödsinn ist. So verwirrt man auch ist, wenn nach beinahe zweieinhalb Stunden der Abspann erscheint, eines dürfte klar sein: Moralapostel werden diesen Film hassen. «Fight Club» erzählt die Geschichte eines jungen Sachbearbeiters (Edward Norton), der unter Schlafstörungen und innerer Leere leidet. Im Flugzeug trifft er eines Tages den charismatischen Tyler (Brad Pitt), mit dem er sich schon bald anfreundet. Gemeinsam entdecken sie ihre Faszination für Faustkämpfe und gründen den «Fight Club», wo sich junge, zivilisationsmüde Männer treffen und sich zum Spass halb zu Tode prügeln. In kürze gelangen diese exzessiven Rituale zu grosser Popularität und die Mitgliederzahl wächst und wächst. Allmählich nimmt die Organisation jedoch immer extremere Züge an. Eine von Tyler ins Leben gerufenen Untergrundarmee sorgt mit einer Reihe von Terroranschlägen für Aufruhr und Schrecken.

Düster und verwirrend

Kein Regienewcomer sorgte in den letzten Jahren für derart grosses Aufsehen wie David Fincher. Mit seinem zweiten Film «Seven» gelang ihm der wohl verstörendste und zugleich atemberaubendste Thriller der neunziger Jahre. Auch der Nachfolgestreifen «The Game» liess keinen Zweifel an Finchers Talent. «Fight Club» ist wie seine Vorgänger geprägt von einer äusserst düsteren Atmosphäre. Mit einer brillanten Inszenierung, einem grandiosen Soundtrack und einem wahren Knalleffekt zum Schluss (sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn) hat «Fight Club» alles, um Finchers Ruf als einer der aufregendsten Regisseure der Gegenwart zu untermauern. Hinzu kommen exzellente Darstellerleistungen von Edward Norton («Zwielicht») und vor allem Brad Pitt, der hier endgültig mit dem Vorurteil aufräumt, ein zwar ungemein gut aussehender, aber doch weitgehendst untalentierter Schauspieler zu sein.

Reichlich Diskussionsstoff

Trotz all der erwähnten Qualitäten hinterlässt «Fight Club» nach dem Verlassen des Kinosaals einen zwiespältigen Eindruck. Soll man diesen Film nun lieben oder hassen? Ist Finchers Botschaft nicht doch ein Aufruf zu Gewalt und Vandalismus? Ist die Story nicht etwas gar konfus und konstruiert? Auf jeden Fall ist «Fight Club» ein Film, über den sich trefflich diskutieren lässt, über den man noch lange nachdenken wird und der sich in die Träume des Zuschauers einschleichen wird. All dies sind eigentlich gute Zeichen für einen Film. Und nach einiger Zeit und dem Summieren aller Fakten drängt sich immer mehr der Schluss auf, dass «Fight Club» wohl doch ein Meisterwerk ist.