Von Sandro Danilo Spadini
«Das ist der Batman-Film, auf den ich gewartet habe», jauchzte und jubelte US-Kritikerpapst Roger Ebert im Juni 2005, nachdem er Christopher Nolans «Batman Begins» und damit ein Stück
Kinogeschichte erlebt hatte. Genau genommen habe er gar nicht realisiert, dass er auf diesen Film gewartet habe, präzisierte Ebert. «Denn ich habe nicht realisiert, dass mehr Betonung auf die
Geschichte und die Figuren und weniger Betonung auf die Hightech-Action genau das war, was nötig war.» Und just das ist es auch, was der Batman-Trilogie von Christopher Nolan weit über die
Comic-Fangemeinde hinaus so viel Bewunderung einbringt: Man muss nämlich keine Affinität zu fliegenden Superhelden und blitzenden Wunderwaffen, keine Vorliebe für Latex und Spandex, keine Lust
auf Bumm und Krawumm haben, um die unfassbaren Vorzüge, die unglaubliche Klasse, die unendliche Grossartigkeit dieser Filme zu schätzen. Schliesslich ist hier alles, rein sauber alles drin, was
das Kino ausmacht – was das Kino grösser als das Leben macht: Spannung und Spektakel, tiefe Gefühle und hohe Schauspielkunst, psychologische Diskurse und philosophische Exkurse, Zauber und
Zeitgeist.
Kinoereignis des Jahrzehnts
Vor allem bedeutete der fulminante Neustart mit «Batman Begins» auch einen harten Bruch mit den Traditionen der ersten Fledermaus-Reihe, die Tim Burton 1989 farbenfroh und frohgemut lanciert
hatte – und die Joel Schumacher dann mit zwei schrillen Machwerken an die Wand fuhr. Dass etwas Gescheites herauskommen würde, stand freilich schon zu vermuten, als der Name des
Zeremonienmeisters bei Batmans Kinoauferstehung bekannt wurde: Der Engländer Christopher Nolan hatte sich längst einen Namen gemacht als das neue Wunderkind Hollywoods mit dem so irrwitzigen wie
genialen Thriller «Memento». Und «Batman Begins» sollte erst ein Vorgeschmack sein – die Ouvertüre für eine düstere Oper schwarzen Wahnsinns, die drei Jahre später über die Bühne ging. Der furios
dirigierte, grandios orchestrierte Nachfolger «The Dark Knight» avancierte zum Kinoereignis des Jahrzehnts – und zur besten Comicverfilmung aller Zeiten. Für immer verbunden bleiben wird «The
Dark Knight» aber auch mit einer sinnlosen Tragik, die schon ein halbes Jahr vor Kinostart ihren Schatten vorausgeworfen hatte: dem so frühen Tod von Heath Ledger, der hier völlig von Sinnen und
dem Wahnsinn nah den Joker und also Batmans Nemesis verkörperte. Dass der nur 28-jährig gewordene Australier dafür postum einen Oscar bekam, hatte dann nichts mit einer Geste zu tun. Denn Ledger
setzte im Clownskostüm und mit verschmierter Schminke einen erschütternden schauspielerischen Glanzpunkt, der die Finsternis überdauerte. Und er tat etwas, was im Grunde schlechterdings unmöglich
ist: Er stellte Jack Nicholson in den Schatten, der diese Figur in Tim Burtons «Batman» schon in den Kino-Olymp gespielt hatte.
Tiefer Pessimismus
Die Figur des Joker, wie sie bei Nolan gezeichnet ist, kann als Quintessenz von dieser Trilogie gelten: Diesem Wahnsinnigen geht es ganz anders als herkömmlichen Überschurken des Kinos nicht um
Reichtum oder Weltherrschaft; ihm dienen Gewalt und Zerstörung zum inhaltslosen Selbstzweck. Der Joker hat in «The Dark Knight» keine andere Ziele, als Dunkelheit über Gotham City zu bringen –
ein nihilistischer Terrorist, der längst von allen guten Geistern verlassen wurde. Als solcher ist er Ausdruck eines tief empfundenen Pessimismus, der sich durch die ganze Batman-Reihe von Nolan
zieht. Selbst das Tun des Helden ist davon erfasst – untypisch kritisch für einen Mainstream-Film werden dazu immer wieder kritische Fragen zu Gewalt und Selbstjustiz oder zur moralischen und
demokratischen Krise der Gegenwart aufgeworfen. Ob die Batman-Filme von Christopher Nolan wirklich Mainstream sind, darf trotz ihres überwältigenden kommerziellen Erfolgs freilich infrage
gestellt werden. Keine Diskussion kann es derweil darüber geben, dass dies der definitive, der ultimative, der superlative Batman ist.